Theodor Fontanes Irrungen, Wirrungen
Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: sehr gut, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Germanistik), Veranstaltung: Hauptseminar: Realismus II. Theodor Fontane, Sprache: Deutsch, Abstract: Fontanes "Irrungen, Wirrungen" erschien 1888 in der Buchausgabe und wurde sowohl von den Lesern als auch von den Kritikern zwiespältig aufgenommen. Im Mittelpunkt des Romans steht vordergründig das freie und unstandesgemäße Liebesverhältnis des Barons Botho von Rienäcker mit der Näherin Lene Nimptsch. Die Beziehung wird jedoch bereits in der Mitte der Erzählung wieder gelöst, da Botho sich verpflichtet fühlt, eine Heirat mit der begüterten Käthe von Sellenthin einzugehen und damit die Finanzen seiner Familie aufzubessern. Der Roman schildert weiter, wie deutlich sich dieses Verhältnis von den im 19. Jahrhundert durchaus "üblichen" Affären zwischen Offizieren und Mädchen von niederem Stand abhebt, da sowohl Botho als auch Lene ihre Liebe in ihrer Erinnerung lebendig halten und sich dies insbesondere auf das weitere Leben Lenes auswirkt. Aus Angst, noch einmal ihrem geliebten Botho an der Seite seiner Frau zu begegnen, zieht sie gemeinsam mit ihrer Ziehmutter in ein weit entferntes Stadtviertel, wo sie die Bekanntschaft mit dem Fabrikmeister Gideon Franke macht, der sie schließlich trotz ihrer Vergangenheit heiratet. "Irrungen, Wirrungen" ist kein Trauerspiel oder eine Tragödie im klassischen Sinne, da es am Ende weder zu einem dramatischen Mord noch zu einem Selbstmord kommt. Fontane wählt einen subtileren und unspektakuläreren Weg, um die Tragik dieser unstandesgemäßen Liebe darzustellen. Sowohl Botho als auch Lene sind am Ende des Romans mit durchaus respektablen Partnern verheiratet, müssen aber auf die Erfüllung ihres gemeinsamen Glücks verzichten und vor der gesellschaftlichen Ordnung resignieren. Wie bereits eingangs erwähnt, wurde Fontanes Roman "Irrungen, Wirrungen" nicht von allen Lesern und Kritikern als Glanzstück betrachtet. Die noch zahlreich erhaltenen Berichte aus zeitgenössischen Zeitungen und Aufsätzen zeichnen mit ihrer Kritik ein klares Bild der Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Um Fontanes Kritik an der Doppelmoral seiner Umwelt zu verstehen, muß zunächst die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Romans "Irrungen, Wirrungen" näher betrachtet werden. [...]