Jenny Erpenbeck

Kairos

sina (she/her) 

Coca-Cola wird, hat sie gesehen, jetzt auch in der Osthälfte des Bahnhofs Friedrichstraße verkauft, Coca-Cola auch in Pankow in dem kleinen Lebensmittelladen, in dem sie immer einkaufen geht, nicht anders als in New York oder München. Coca-Cola hat erreicht, was die marxistische Philosophie nicht erreicht hat, sie hat die Proletarier aller Länder unter ihrem Zeichen vereint.

Nur die Amerikaner sind genauso größenwahnsinnig, sagt Hans, Amis und Russen sich im Grunde genommen zum Verwechseln ähnlich. Und eben auch in ihrer Liebe zum Kitsch.

Sei jung, sagen die Toten. Leichter gesagt als getan. 

Warum nur hast du schon so viel erlebt, bevor ich in dein Leben geschneit bin?, hat Katharina ihn gefragt, als sie heute Nachmittag zum zweiten Mal im Tutti saßen. Aber du bist mein Neuschnee, hatte er erwidert und sie damit zum Lachen gebracht. 

Die Amerikaner wirken nervös und beginnen, miteinander zu diskutieren. Sind sie wirklich in den Osten geraten, ohne die Grenzüberschreitung bemerkt zu haben? Und wie kommen sie jetzt wieder hinaus, for God's sake? Vielleicht nie mehr? Werden sie womöglich in der nächsten Sekunde von der Stasi geschnappt und in einen kommunistischen Kochtopf geworfen? 

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