1968 Eine Kommunikationsgeschichte
Die 1968er-Bewegung hat die Bundesrepublik politisch kaum verändert. Aber aus ihr heraus hat sich ein neuer Kommunikationsstil entwickelt, der unsere Gesellschaft bis heute prägt. Joachim Scharloth zeigt, dass nicht die politisierten Studenten, sondern die Aktivisten der Kommunebewegung eine nachhaltige Veränderung der bundesrepublikanischen Gesellschaft angestoßen haben. Von der Kritik bürgerlicher Rituale und den Ritualen des Protests in den 1960er Jahren über die Formierung eines hedonistischen Lebensstils im Alternativmilieu in den 1970er Jahren bis hin zum Wandel von Kommunikations- und Verkehrsformen seit den 1980er Jahren reicht der historische Bogen, den dieses Buch schlägt. Kommunikationsformen sind der Seismograph, an dem die gesellschaftlichen Veränderungen ablesbar werden. Anhand bislang noch nicht ausgewerteten Quellenmaterials wird die Entstehung neuer Kommunikationsformen und ihre Verbreitung in Kommuneküchen und Studentenkneipen nachgezeichnet und identitätspolitisch motiviert. Was 1968 als Ausdruck authentischer Gefühle und solidarischer Nähe intendiert war, ist in der Mehrheitsgesellschaft als Inszenierung von Informalität und Emotionalität, als "doing buddy" angekommen.