Ein Lichtlein für die Toten Flüchtlingsabwehr, Klimaschutz, Corona
In den letzten sechs Jahren, aus denen die Beiträge des Bandes stammen, trieb, wie es scheint, die Gesellschaft des Kapitals von einer Krise in die nächste. Schon die sogenannte ›Flüchtlingskrise‹ galt als ›Jahrhundertkrise‹, dicht gefolgt von der ›Klimakrise‹, die den nahen Untergang verhieß, sollte kein ›radikales Umdenken‹ erfolgen. Seit Anfang 2020 bedroht nun ein Virus eben nicht nur die Gesellschaft des Kapitals, sondern eben auch Leib und Leben der Individuen. So verlockend es sein mag, alle diese Krisen ›ideologiekritisch‹ aufeinander zu beziehen, womöglich gar unter einem einzigen Begriff zu fassen, so falsch wäre es, die ideologischen Reaktionen auf diese Krisen allzu schnell unter eine autoritäre, postmoderne oder neoliberale Subjektverfassung zu subsumieren, so als ob es die Sachen selbst (etwa den Krieg in Syrien, den Wandel des Klimas oder ein tödliches Virus) gar nicht gäbe oder sich vom jeweiligen Leid einfach abstrahieren ließe. Dabei haben die Krisen der vergangenen Jahre durchaus etwas gemein. So wie sich die Gesellschaft des Kapitals unter dem ökonomischen Zwang, sich permanent selbst zu revolutionieren, nur durch beständige Krisen hindurch erhält, so pendeln auch die Subjekte in jeder als Krise wahrgenommenen Situation antinomisch zwischen der zynischen Auffassung, die ›Krise als Chance‹ zu begreifen, und Untergangsfantasien, die zumeist auf sadistische Lust an Entsagung, Abschottung und Zerstörung zielen.