„Ein toller Zwiespalt“ - Erzähl- und Realitätsebenen in E. T. A. Hoffmanns „Der goldene Topf“
Magisterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Literatur der Romantik, Note: 1,0, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Institut für Germanistische Literaturwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: ‚Der goldene Topf’? Schon wieder? Zweifellos hat es E. T. A. Hoffmanns „Märchen aus der neuen Zeit“ zu einer ganz besonderen Prominenz gebracht. Dem negativen Diktum Goethes zum Trotz, der sich in seinem Urteil bezeichnenderweise nur auf die englische Übersetzung Carlyles stützte, waren bereits die Zeitgenossen sehr von diesem Werk angetan. Eine Hochschätzung, die bis heute anhält und sich u. a. in Wiederaufnahmen in den literarischen Werken und Opern anderer Künstler äußert. Zu den prominenten Bewunderern gehörten im Laufe der Zeit etwa Richard Wagner und Friedrich Nietzsche; Ingmar Bergmann griff Elemente aus dem ‚Märchen’ für einen seiner Filme auf. Noch zu Hoffmanns Lebzeiten erlebte ‚Der goldene Topf’ als Teil der ‚Fantasiestücke’ eine zweite Auflage, was keinem weiteren seiner Werke vergönnt war. In den folgenden fast zwei Jahrhunderten trat das ‚Märchen’ einen globalen Siegeszug an, der mit der frühen englischen Übersetzung durch den renommierten Thomas Carlyle beginnend heute bis nach Japan und Korea reicht. Parallel zu dieser Wertschätzung entwickelte sich eine umfangreiche Forschung, die ebenfalls keineswegs auf Deutschland beschränkt blieb. Nur wenige Texte E. T. A. Hoffmanns haben ein vergleichbares Echo in der Fachliteratur gefunden, zahlreiche Beiträge beschäftigen sich mit den verschiedensten Aspekten seines „Urmärchen[s]“. Man hat ‚Der goldene Topf’ u. a. zum Schlüssel zu Hoffmanns Welt-anschauung erklärt, ihn tiefenpsychologisch ausgedeutet, ihn „als Utopie einer ästhetischen Existenz, als Aufbruch zu einer Reise in das Land Utopia, als Traum vom pflichtenfreien Leben für das Schöne“ gelesen. Braun unterscheidet in der neueren ‚Topf’-Forschung drei Hauptrichtungen, die das ‚Märchen jeweils primär „als Auseinandersetzung zwischen Bürgertum und Geisterwelt, als Krankheitsgeschichte des Anselmus und als Entwicklungsgeschichte des Studenten zum Dichter“ betrachteten. Hinzu kommen Untersuchungen, die ideengeschichtlich orientiert sind, biografische, literaturgeschichtliche und zahlreiche weitere und anders ausgerichtete Beiträge. Wie sich an der breiten Forschung vermuten lässt und wie Wührl bei Beobachtung seiner Schüler feststellt, „scheiden sich“ an „dem wohl vertracktesten und provozierendsten Märchen, das je aus der Feder eines deutschen Dichters floß, auch heute noch die Geister“. [...]