Markt literarisch
Das Verhältnis von Literatur und Markt gestaltet sich traditionell schwierig: Einerseits werden Autoren über die verkauften Bücher honoriert, andererseits unter Missachtung des Marktes von Literaturkritik und -wissenschaft rezensiert und kanonisiert. Ästhetik und Ökonomie, das geht offenbar nicht zusammen. Dennoch gibt es eine Koevolution von modernen Märkten und Literaturen; als eigene Systeme entwickeln beide voneinander unabhängige Codes: Geld und Poesie. Gleichwohl gibt es auch eine Poetik des Geldes und manchmal auch Geld für Poesie. Genau das wirft Fragen auf: Ist Literatur dann marktgerecht, wenn sie ostentativ gegen den Markt schreibt? Wie werden Markt und Marktgeschehen in literarischen Texten dargestellt, und welche Rolle spielt dabei der homo oeconomicus? Wie steht es um die Entkoppelung von ökonomischem Erfolg und ästhetischer Qualität, mit der das literarische Feld just in dem Moment reagierte, als es sich via Markt nicht nur an Gelehrte und Gönner, sondern potentiell an alle wandte? Die Beiträge dieses Bandes untersuchen exemplarische Aspekte im vielschichtigen Verhältnis von Literatur und Markt und zeigen damit gleichzeitig Potentiale einer Literaturwissenschaft auf, die den Markt weder glorifiziert noch verteufelt, sondern als das nimmt, was er seit langem (auch) ist: ein Umschlagplatz für Literatur, ein Motiv in literarischen Texten und eine Herausforderung jedweder Kunstautonomie.