Plurale Autorschaft
Wenn bei Alexander Kluge von Autorschaft die Rede ist, so geht es nie um die Behauptung einer singulären Subjektposition, sondern vielmehr um eine kollektive, auf Kooperation beruhende Praxis. Diese plurale Autorschaft reicht dabei weit über die tatsächliche Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Künstler_innen und Theoretiker_ innen hinaus. Ausgehend von der Überzeugung, dass die Vergangenheit keineswegs tot ist, konstruiert Kluges Konzept imaginäre Kollektiva, in denen Ovid, Müller, Montaigne, Benjamin, Godard u.a. in wechselnden Konstellationen über Epochengrenzen hinweg zusammenarbeiten. »Es ist eine Täuschung, dass ich Literatur alleine schreibe, die schreibe ich auch in Gesellschaft, nur ist die meist tot.« Der Titel dieser Ausgabe des Jahrbuches adressiert aber auch einen Zukunftshorizont, nämlich die unabsehbar vielen künftigen Aneignungen der Arbeiten Kluges, die nach dem Prinzip der Flaschenpost – »to whom it may concern« – auf ihre Geschichte warten und immer wieder anders zur Lesbarkeit gelangen. When we discuss Alexander Kluge’s authorship, we never discuss a single subject position but rather a collective practice based on collaboration. This plural authorship exceeds the actual collaboration with contemporary artists and theorists by far. Based on the conviction that the past is never dead, Kluge’s concept creates imaginative collectives in which Ovid, Müller, Montaigne, Benjamin, Godard among others, collaborate in changing constellations across time boundaries. “It is an illusion that I write literature all by myself. I write it in company, though most of the people are dead.” However, the title of this present yearbook also addresses a future horizon, namely the incalculable numerous prospective adaptions of Kluge’s works, which work similar to a message in a bottle – “to whom it may concern” and wait for their stories to be read.