Freundschaft und Nähe im spätmittelalterlichen Burgund Studien zum Spannungsfeld von Emotion und Institution
Die Rede von Freundschaft und der Einsatz von Gesten raumlich-korperlicher Nahe pragten das politische wie das private Handeln in den adligen Gesellschaften des spaten Mittelalters. Die vorliegende Studie zeigt am Beispiel der burgundischen Herzoge und ihres hofischen Umfelds auf, wie durch die Betonung personaler Bindungen und deren gestueller Begleitung die Trennung der beiden Bereiche uberbruckt werden sollte. Den Ausgangspunkt der Darstellung bilden dabei die Texte der burgundischen Historiographie, die einen detaillierten Blick auf das Leben Burgunds bieten. Zumeist von hofnahen Angehorigen der adligen Schicht verfasst, spiegeln die Chroniken und Memoiren die Selbstwahrnehmung einer Gesellschaft, die oftmals noch als herbstlich eingeschatzt wird. Mit einer neuen Perspektivierung legt der Autor die Bedeutung dar, die Freundschaftsdiskurs und Nahegesten fur die Konstruktion des adligen Selbstverstandnisses besassen. Gegen eine auf die Moderne hinweisende abstraktere Organisation des Politischen gewandt, betonten sie das personliche Engagement der jeweiligen Akteure. Die Hintergrunde und Auswirkungen dieser Bezugnahme werden nicht nur in Textquellen verschiedener Gattungen, sondern auch in Bildzeugnissen aus dem analysierten Umfeld deutlich.