Theorie der Befreiung
Wir leben in einer Zeit gescheiterter Befreiungen. Denn bei Lichte besehen haben alle Befreiungsversuche früher oder später neue Formen der Herrschaft und damit der Knechtschaft hervorgebracht. Für Christoph Menke verlangt die Erklärung dieser Situation nach einer Umkehrung des Blicks. Anstatt uns einfach dem nächsten Befreiungsprojekt zuzuwenden, müssen wir analysieren, wie die bisherigen Befreiungsversuche verlaufen sind. Vor allem ihr Anfang ist dabei entscheidend – die gewöhnliche, aber faszinierende Erfahrung, dass eine Gewohnheit, die uns knechtet, plötzlich bricht. Sie zu bejahen heißt, in die Praxis der Befreiung einzutreten. Aus dieser Grundthese entwickelt Menke eine bahnbrechende Theorie der Befreiung, die eine Revision der üblichen – in Natur oder Gesellschaft verankerten – Freiheitsvorstellungen beinhaltet. Es stellt sich heraus: Freiheit und Herrschaft sind unauflöslich ineinander verstrickt, und Befreiung ist nicht die Vorgeschichte der Freiheit, sondern ihre Vollzugsweise. Dies veranschaulichen zwei exemplarische Befreiungsnarrative, auf die sich dieses Buch maßgeblich stützt: die Exodus-Erzählung aus dem 2. Buch Mose und die Geschichte von Walter White in der Fernsehserie Breaking Bad.