History in the making Metafiktion im neueren anglokanadischen historischen Roman
Die "Canadian Cultural Renaissance" und die mit ihr einhergehenden Prozesse gegenwartsorientierter nationaler Identitätsfindung ebneten in den 1960er Jahren den Weg für eine bis heute fortdauernde Auseinandersetzung kanadischer Schriftsteller mit der Historie. Im Zuge ihrer intensiven Beschäftigung mit der Vergangenheit entkräftet die kanadische Gegenwartsliteratur vormals weitverbreitete Vorstellungen von der scheinbaren Geschichtslosigkeit Kanadas. Jedoch beschränkt sich der zeitgenössische Geschichtsroman nicht ausschließlich auf die imaginative Neukonzeption kanadischer Vergangenheit, sondern wendet sich zunehmend auch universalen Themenkomplexen zu. In ihrer Vielgestaltigkeit hat die Gattung des historischen Romans somit maßgeblichen Anteil an der zunehmenden Internationalisierung der kanadischen Literatur. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht mit dem metafiktionalen Geschichtsroman eine selbstreflexive Spielart des historischen Romans, der in der kanadischen Gegenwartsliteratur eine hervorgehobene Bedeutung zukommt. Anhand detaillierter Einzelinterpretationen wird dargelegt, wie solch renommierte Schriftsteller wie Margaret Atwood, Timothy Findley, Anne Michaels, Michael Ondaatje und Carol Shields die Konventionen historischen Erzählens im Akt des Erzählens kritisch hinterfragen und den Fiktionsstatus ihrer Romane akzentuieren. Der metafiktionale kanadische Geschichtsroman der 1980er und 1990er Jahre wird hierbei als einer der Kulminationspunkte einer langen Tradition selbstreflexiven historischen Erzählens betrachtet, die sich bis zu den Ursprüngen der Gattung des historischen Romans im frühen 19. Jahrhundert zurückverfolgen läßt.