Judith macht Geschichte

Judith macht Geschichte zur Rezeption einer mythischen Gestalt vom 16. bis 19. Jahrhundert

Ob als Motiv an einer Hauswand in St. Pauli oder im Künstlernamen der Popsängerin Judith Holofernes (Wir sind Helden) - die biblische Geschichte von Judith, die Nebukadnezars Feldhauptmann Holofernes enthauptet und damit das jüdische Volk rettet, ist ein lebendiger Mythos. Er ist ebenso rätselhaft in seiner Entstehungsgeschichte wie faszinierend in seinen unterschiedlichen Ausdeutungen: Als Vollstreckerin im Dienste Jahwes und als Emanzipationsfigur wird Judith einerseits verehrt, als gewalttätige und gefährliche Frau bildet sie andererseits das Grundmotiv für jene erotische Szenarien um Lüge und Verführung, Schönheit und Dominanz, die im tabuisierten Bereich der sadistischen Frau und des masochistischen Mannes gipfeln. Über die genaue Rekonstruktion der Rezeptionsgeschichte der biblischen Judith hinaus, eröffnet Marion Kobelt-Grochs Buch den Blick auf eine bislang von der Forschung wenig beachtete Nebenfigur des Mythos: auf ihre Magd. Mit ihr erweitert sich nicht nur die Spannbreite der weiblichen Identifikationsangebote, sondern auch die Möglichkeit, den Mythos selbst in anderer Weise fortzuschreiben.
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