Recht, Krieg und Frieden bei Hugo Grotius
Hugo Grotius galt in vielen Epochen als einer der Vater des modernen Volkerrechts. Fur andere ist er vor allem der Verteidiger expansiver Handelsinteressen der Niederlande. Ob man diese Ansichten teilt, hangt einerseits davon ab, wie weit man Grotius' Rechtsdenken bereits als von einem gottlichen Willen unabhangig ansehen mag, andererseits davon, wie viel Idealismus man ihm zubilligen will. Der Beitrag rekonstruiert zunachst Grotius' Volkerrechtsphilosophie aus den beiden volkerrechtlichen Hauptschriften und stellt als ihren Kern eine Theorie des Sozialvertrages und die Friedensidee heraus. Nachtragliche Projektionen wie die Sakularisierungshypothese, der nach den Weltkriegen aufgekommene neogrotianische Idealismus und die in den letzten Jahren ublich gewordenen Vorwurfe des Protokolonialismus werden in den Kontext der Rezeptionsgeschichte gestellt. Am Ende des Beitrags steht der Appell fur einen gemassigten Anachronismus, der um die Zeitgebundenheit der grotianischen Philosophie weiss, ihre abstrahierende, um Konsens bemuhte Methode aber als Versuch wurdigt, den Schrecken des Krieges einen mit den Mitteln rationaler Systembildung gewonnenen Ordnungsentwurf entgegen zu setzen.