Zwangsarbeit in der Land- und Forstwirtschaft auf dem Gebiet Osterreichs 1939-1945
Das vorliegende Buch gibt erstmals einen Überblick über den Einsatz der während des Zweiten Weltkrieges aus allen Teilen Europas ins Deutsche Reich verschleppten Zwangsarbeiter, die in der Land- und Forstwirtschaft auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich eingesetzt waren. 1945 befanden sich auf österreichischem Gebiet ca. 1 Million ausländischer "Arbeitskräfte", mehr als die Hälfte waren Land- und Forstarbeiter. Drei Viertel davon waren Zwangsarbeiter. Der Mangel an Arbeitskräften im gesamten Deutschen Reich, der, vor allem bedingt durch die Einberufungen inländischer Männer in die Wehrmacht, zunehmend auch die Landwirtschaft betraf, sollte durch Einsatz ausländischer Arbeitskräfte ausgeglichen werden. Auf das Gebiet des heutigen Österreich kamen ab 1939 in erster Linie slowakische, tschechische, ungarische, jugoslawische und italienische Arbeitskräfte, die oftmals die Tradition von landwirtschaftlichen Saisonarbeitern aus diesen Ländern fortführten. Nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen 1939 und auf die Sowjetunion 1941 begannen Massenverschleppungen der hauptsächlich jungen arbeitsfähigen Bevölkerung. Die größte Gruppe unter den Zwangsarbeitern bildeten schließlich die sogenannten "Ostarbeiter". Der Großteil dieser stammte aus der Ukraine. Aber auch aus den Gebieten Westeuropas (Frankreich, Beneluxstaaten etc.) wurden v.a. junge Menschen mit Fortdauer des Krieges in zunehmendem Maße zwangsweise rekrutiert. Neben reinen Statistiken war dem Autorenkollektiv vor allem wichtig, auch einen persönlichen Zugang zur Thematik zu finden. Neben den Lebensgeschichten einzelner Zwangsarbeiter werden auch die Ergebnisse von Tausenden Befragungen ehemaliger Zwangsarbeiter dargestellt. Individuelle Geschichten einer Zwangsarbeiterin oder eines Zwangsarbeiters lassen zwar keine Generalisierungen zu, bieten aber den Einblick in eine subjektive Mikrowelt. Sie sollen den Leserinnen und Lesern vor Augen führen, dass sich hinter Zahlen und Fakten Schicksale von Menschen befinden, die mit ihren Lebensgeschichten ihren Teil zur Aufhellung dieses Kapitels der Geschichte beitragen. Regionalstudien zu verschiedenen Bezirken, Orten und Betrieben in Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg zeigen, dass sich NS-Gedankengut im bäuerlich-ländlichen Milieu nur in beschränktem Ausmaß durchsetzen konnte und nur bedingt althergebrachte Lebensweisen und Traditionen verdrängen konnte. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die ausländischen Zwangsarbeiter in der Land- und Forstwirtschaft in der Regel wesentlich besser verpflegt und untergebracht waren als jene in der Rüstungsindustrie: Familienanschluss, individuelle Behandlung, eigener bäuerlicher Arbeits- und Feiertagsrhythmus, bäuerliche, christlich geprägte Werthaltungen, die auch im von der NS-Ideologie als "Untermenschen" angesehenen slawischen Zwangsarbeiter einen "Mitmenschen" sahen. Die zumeist noch sehr jungen Zwangsarbeiter wurden von ihren Arbeitgebern vielfach sogar in die Familien integriert und übernahmen nicht selten auch die "Erziehung" der Kinder.