Literatur und Religion in der Moderne Studien
Religion wirklich zu humanisieren, das ist die Grundintention von Lessings letztem Drama ›Nathan der Weise‹. In der autonomen Kunst findet diese Humanisierung ihren angemessenen symbolischen Ausdruck. Kunst soll letztlich Zweck an sich selbst sein – wie der Mensch auch. Heute ist es notwendiger denn je, sich auf eine zentrale Idee der Aufklärung zu besinnen: auf die ›Sakralität der Person‹ (Hans Joas). Dafür stellt in der Moderne die autonome Kunst das größte kulturelle Symbol dar. Wolfgang Braungarts Studien, die von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwartsliteratur reichen, haben nicht nur im Blick, was man die moderne Kunstreligion nennt: die Sakralisierung der Kunst seit der Frühromantik. Vor allem betrachten sie ein spezifisches, im 18. Jahrhundert begründetes Verhältnis von Kunst und Religion und ein spezifisches Verständnis des Menschen. Religion muss so ›gemacht‹ werden, dass sie ihrer Wahrheit dient, die der Mensch selbst ist. Dabei braucht der Gedanke der Transzendenz keineswegs verloren zu gehen. Die Kunst, wie sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gedacht wird, ist nach beiden Richtungen hin offen: zum radikal Humanen wie zur Transzendenz.